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Am Teufelsteich 4

Anschrift (heute):
Am Teufelsteich 4
Flurstück (heute):
Gemarkung Peitz, Flur 7, Flurstücke 121 (841.9 m²), 123 (1280.4 m²), 642 (5273.5 m²), 763 (188.6 m²), 764 (27750.6 m²), 765 (249.6 m²)
Kurzbezeichnung:
BERGER/ GRÜNDER/ FRANCKE
Gründung:
1755 als 2. Eisenhüttenwerk und 1829 als Spinnerei
Firmengründer:
Georg BERGER
Produktionsprofil:
Spinnerei, Reißwollfabrik, Färberei, Textilrecycling
Umfirmierungen:
1848 Theodor BERGER
1892 Hermann Gründer & Co. (3. Standort)
1894 Gründer & Co. Tuchfabrik u. Kammgarnspinnerei KG
1913 Lausitzer Wollwerke Francke & Co. GmbH Kunstwollfabrik mit Färberei
1936 Lausitzer Wollwerke Francke & Co. Reißwollfabrik
1959 Lausitzer Wollwerke Francke & Co. mit staatlicher Beteiligung
1972 VEB Lausitzer Wollwerke
1990 Lausitzer Wollwerke GmbH
1991 Lausitzer Wollwerke Francke und Co. KG
Niedergang:
09.07.1991 Lausitzer Wollwerke GmbH
Lausitzer Wollwerke Francke und Co. KG existiert noch
heutige Nutzung:
Lagergebäude, Werkstatt, Industriepark
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Lagebild_2

Beschreibung/Erläuterungen:

Der Neue Hammer bei Ottendorf entstand 1755 als 2. Eisenhüttenwerk in Peitz. Hier wurden u.a. Nägel hergestellt. Die Eisenverarbeitung war aber nicht von langer Dauer. 1827 hatte der Mechaniker Georg BERGER aus Forst als erster in der Gegend den Bau einer von Wasserkraft angetriebenen mechanischen Woll-Spinn-Anstalt am Zufluss des alten Walk-Ölmühlgrabens in die Malxe beantragt. Dieses Projekt scheiterte aber am Widerstand des Oberbergamts und Hüttenamtes, der Peitzer Tuchmachermeister und der Ottendorfer Kolonisten. 1829 schrieb das Domänenamt den Neuen Hammer samt der Ölmühle und Walke zum Verkauf aus. Georg BERGER kaufte am 28.10.1829 die angebotene Fläche von über 7 Morgen am Abfluss des Walk-Ölmühlgrabens aus dem Hammerstrom und baute an der Stelle der alten Ölmühle eine mit Wasserkraft angetriebene mechanische Spinnerei. Später beantragte er den benachbarten Standort in der Kurzen Straße nach seinem Vornamen zu benennen. Dem wurde stattgegeben und so entstand die Ortsbezeichnung GEORGENHOF. Die beiden Industriestandorte Am Teufelsteich 4 und Kurze Straße 1 (Georgenhof) sind eng miteinander verbunden. Mancher Ereignisse lassen sich nicht klar voneinander trennen.

In der Nachbarschaft (Kurze Straße 2) ließ Georg BERGER eine Villa mit dem Säulenportal errichten. Die mechanische Spinnerei wurde etwa ab 1838 mit Dampfkraft betrieben, nur der Reißwolf nutzte noch die Wasserkraft. Damit war dies der 1. Tuchmacherstandort in Peitz, der eine Dampfmaschine nutzte.

Im Jahr 1846 errichtet der Peitzer Maurermeister Johann DEUTSCHMANN (1815-1871) ein Fabrikgebäude von 88 x 40 Fuß mit zwei Etagen für Georg BERGER. Sein Sohn Theodor BERGER (1830-1880) lässt dort im Jahr 1857 eine mit 24 PS noch leistungsfähigere Dampfmaschine aufstellen. Ein Jahr später baut Meister DEUTSCHMANN das längs des Maschinengrabens (alter Walkmühlgraben) stehende größere Lagergebäude der Spinnerei. 1865 vernichtet ein Großbrand die Spinnerei mit dem Lagergebäude (Georgenhof) und wird vom Peitzer Baumeister Eduard DWORZACZECK neu und größer aufgebaut. Das Haupthaus wird nun vierstöckig und ist um 29 Fuß über den Seitengraben des Hammergrabens verlängert. Das Wasserrad befindet sich damit jetzt im Haupthaus. Es entsteht ein Treppenturm mit fünf Stockwerken und für das ebenfalls abgebrannte Seitengebäude ein neues mit 3 Etagen. Die unteren Etagen sind massiv, während die jeweils obere als verblendetes Fachwerk mit einem Erddach ausgeführt wird.

Der Tod des Oberamtmanns Theodor BERGER löst 1880 ein Konkursverfahren aus. Die Fabrikanlage in Ottendorf mit dem Georgenhof und die Villa gehen 1882 für 67000 Mark in den Besitz der damals größten Peitzer Tuchfabrik "Herrmann Gründer & Co." über, in der nun an vier Standorten etwa 850 Angestellte, darunter zunehmend wendische Frauen aus den nahe gelegenen Amtsdörfern, beschäftigt sind. 1883 elektrifiziert Hermann GRÜNDER (1935-1884) die Fabrik und der Georgenhof wird mit Glühlampen ausgestattet. Nach einem erneuten Brand in der Spinnerei 1889 fördert Hermann GRÜNDER die Bildung der Ottendorfer Feuerwehr und übernimmt weitgehend deren Erstausstattung. Als Theodor BERGER am 06.07.1894 plötzlich stirbt, wird die Tuchfabrik "Hermann Gründer & Co." aufgelöst und von den Enkeln Julius und Bruno GRÜNDER des 1891 verstorbenen großen Peitzer Tuchfabrikanten Traugott GRÜNDER als Kommanditgesellschaft weitergeführt.

Ein Großfeuer zu Ostern 1900 vernichtet die GRÜNDER'sche Tuchfabrik in der Dammzollstraße 52. Weiterhin brach der Absatz an Tuchen ein und es gab weitere wirtschaftliche Schwierigkeiten. Dies führte im Jahr 1906 zum Konkurs der GRÜNDER'schen Tuchfabriken und damit auch zum Konkurs der Fabrik am Teufelsteich 4.

Nach längerem Stillstand ersteigert am 16.04.1913 der aus Cottbus stammende Paul FRANCKE die GRÜNDER'schen Fabriken am Teufelsteich 4 und in der Kurzen Straße 1. Zusammen mit seinem Bruder Hermann gründet er am 23.09.1913 die Lausitzer Wollwerke Francke & Co. GmbH. /4/

LKW-Transport bei den Lausitzer Wollwerken um 1920, Stadtarchiv Cottbus, Sammlung Fotograf Fritz UNGER

Am 31.12.1936 erfolgte eine Umwandlung der "Lausitzer Wollwerke GmbH Kunstwollfabrik mit Färberei" in die "Lausitzer Wollwerke Francke & Co. Reißwollfabrik". Die Umfirmierung erfolgte wahrscheinlich aus steuerrechtlichen Gründen. /4/

Am 31.12.1938 wurde ein Unterstützungsverein der Angestellten und Arbeiter der Lausitzer Wollwerke Francke & Co. beim Amtsgericht Peitz eingetragen. Der Verein stellte sich zur Aufgabe, Betriebsangehörigen der Lausitzer Wollwerke Francke & Co. in unverschuldeten Notfällen eine Unterstützung zu geben und bei eintretendem Sterbefall der Betriebsangehörigen den Witwen und Waisen ein einmaliges Sterbegeld zu gewähren, sofern sie sich in einer Notlage befanden. Mitglieder wurden alle Betriebsangehörigen nach einer einjährigen ununterbrochener Betriebszugehörigkeit. Mitgliedbeiträge wurden nicht erhoben. Die erforderlichen finanziellen Mittel wurden von der Firma dem Verein zur Verfügung gestellt. /4/

In der Nacht vom 5. zum 6. Dezember 1942 brannte das Hauptgebäude mit allen Büroräumen nieder. Der Schaden war durch die Feuerversicherung abgedeckt. Betriebsräume waren nicht oder nur wenig betroffen. /4/

Bis zum April 1945 wurde die Produktion aufrecht erhalten. Peitz wurde am 25.04.1945 von der Roten Armee besetzt. Danach ruhte das Geschäft für kurze Zeit, bis auf Befehl des Peitzer Kommandanten eine Miniproduktion von etwa 3 % der Kapazität im Juli 1945 wieder aufgenommen wurde. Die Produkte wurden ausschließlich an die Peitzer Firma REHN & SÖHNE geliefert. /4/

Am 19.10.1945 forderte die Belegschaft in einem Brief mit 22 Unterschriften an die "zuständigen Stelle" den Betrieb zu enteignen. Als Begründung wird die Abwesenheit aller Kommanditisten der Familie FRANCKE genannt. Durch Einspruch von Hermann FRANCKE verbliebt der Betrieb jedoch im Familienbesitz.

Heinz TESCHNER, der 1934 in der Firma als Lehrling anfing, wird am 21.02.1946 stellvertretender Betriebsleiter. Von 1951-1959 ist er Betriebsleiter. Nach seiner Rehabilitierung ist er 1972 stellvertrender Direktor, von 1976 - 07/1978 Direktor und dann bis 1984 Produktionsleiter.

Am 29.05.1959 nahmen die Lausitzer Wollwerke Francke & Co., Peitz, die Deutsche Investitionsbank, Berlin unter Fortführung der bisherigen Firma ab 01.07.1959 als Gesellschafter auf. Der Kommanditist Deutsche Investitionsbank leistete eine Einlage in Höhe von 289.000 DM. Die Kapitaleinlagen der 14 privaten Gesellschafter betrugen entsprechend 1. Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag vom 17.10.1961 in Summe 534.000 DM. Als Zweck der Gesellschaft wurde genannt: "... die Herstellung von Reisspinnstoffen und Polsterwolle, sowie die Herrichtung von maschinenfertigen Lumpen." Der private Betrieb lief damit unter einer staatlichen Beteiligung weiter. /4/

Am 31.05.1972 wurde der Betrieb volkseigen und unter dem Namen VEB Lausitzer Wollwerke Peitz fortgeführt. Der bisherige geschäftsführende Komplementär Dr. Kurt FRANCKE (*01.04.1908) wurde stellvertretender Direktor und Werner GRÖGER wurde Direktor. /4/ Das änderte sich zum 01.09.1973. Dr. Kurt FRANCKE schied als stellvertrender Direktor aus und war bis zum 31.12.1974 mit 70 h/Monat und 400 Mark Gehalt nur noch geringfügig beschäftigt. Später schied er ganz aus dem Betrieb aus.

Werner SCHRECK wurde am 01.04.1978 Technischer Leiter und am 01.01.1979 Direktor. Frank MINGE wurde wahrscheinlich 1979 stellvertretender Direktor.

Der Betrieb hatte nach 1945 65-140 Beschäftigte. Einige Jahre wurde 2-schichtig gearbeitet.

1981 wurde eine ausgemusterte Dampflokomotive 52 80 70 - 6 als Ersatz für die ausgefallene betriebliche Heizanlage angeschafft. Diese Lokomotive steht heute noch auf dem Betriebsgelände. 1988 wurde der Betrieb an die Fernwärmeleitung des Kraftwerkes Jänschwalde angeschlossen. /4/

Am 01.07.1990 wurde der Betrieb in eine GmbH umgewandelt. /4/

Am 16.09.1990 meldete Karl Jürgen FRANCKE aus Altenburg bei der Treuhandgesellschaft Cottbus einen Besitzanspruch bezüglich den Lausitzer Wollwerken an. Daraufhin erfolgte von 1991 bis 1992 eine Rückübertragung der Firma und des Georgenhofes an eine Erbengemeinschaft mit dem Komplementär Karl Jürgen FRANCKE. Der neue Firmenname lautet "Lausitzer Wollwerke Francke und Co. KG" Der Georgenhof wird für Wohnzwecke saniert und vermietet. Bis 1997 entstanden hier 27 Wohnungen. Sämtliche Maschinen wurden verschrottet. Die ehemaligen Produktionsgebäude wurden mit 10 ABM-Kräften saniert. Der Betriebszweck wurde umgewandelt in einen Sortierbetrieb mit Werksverkauf von SecondHand-Ware und in die gewerbliche Vermietung sowie Hausverwaltung der Gebäude. Der Sortierbetrieb der Lausitzer Wollwerke Francke und Co. KG wurde am 28.02.2010 eingestellt. Es entstand ein Industriepark, der heute noch genutzt wird. /4/