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Cottbuser Straße 2-3, SCHULZE/ BUCHHOLZ

Anschrift (heute):
Cottbuser Straße 2-3
Flurstück (heute):
Gemarkung Peitz, Flur 7, Flurstück 428/3 (13981.3 m²)
Kurzbezeichnung:
SCHULZE/ BUCHHOLZ
Gründung:
1856
Firmengründer:
Carl SCHULZE
Produktionsprofil:
Textilfabrik
Umfirmierungen:
1856-1874 Carl SCHULZE(1817-1874)
1875 Textilfabrik Emanuel BUCHHOLZ (1826-1893)
1894 Textilfabrik Gottfried u. Karl BUCHHOLZ
1904 Trikot- u. Samtschneiderei (MENGERS & Söhne, Berlin u. Dresdner Bank)
1920 Faserwerk GmbH (Typha-Verwertungsanstalt Berlin)
1922 Velourhutfabrik
1933 Reichsarbeitsdienst, Arbeitsgau Ostmark, Gruppe Cottbus
1936 Chemische Fabrik u. Apparatebau Carl u. Hans RASPE
1945 Tabaklager
1949 Produktion von Schilfmatten
1951 Nagelfabrik
1955 VEB (K) Metallverarbeitungswerk Peitz
1956 VEB (K) Nagel- und Matrazenwerk Peitz
1961 Möbelhandel
Niedergang:
1874 Textilfabrik SCHULZE
02/1900 Textilfabrik BUCHHOLZ
1924 Velourhutfabrikation
1933 Faserwerk
1945 Chemie- u. Vulkanisierfabrik Raspe
heutige Nutzung:
nach langen Leerstand abgerissen in 2018-2019, 2020 Neubebauung mit mehreren Einkaufsmärkten
 
Lagebild_2

Beschreibung/Erläuterungen:

Vor 1850 sondert sich eine kleine Gruppe vermögender Tuchmacher vom Peitzer Gewerk ab und errichtet erste Fabriken mit modernen Maschinen. 1828 in Ottendorf Georg BERGER, 1835 in der Nähe der Malzhausbastei Ferdinand STÖHR und 1837 Traugott GRÜNDER jun., 1847 in der Dammzollstraße Nr. 52 Julius SCHULZE sowie 1869 Carl BOYDE in der Schulstraße 8. SCHULZE, GRÜNDER und BERGER setzten bereits früh Dampfkraft ein. /1/ S. 96 Bei Georg BERGER bereits im Jahr 1836.

Der Tuchfabrikant Carl! Friedrich August SCHULZE (1817-1874), Bruder des Tuchfabrikanten Julius SCHULZE errichtet 1856 im damaligen so genannten Färbergrund (alte Nummer 114 g) an der Malxe ein zweistöckiges Fabrikgebäude und nutzt ebenfalls die Dampfkraft. Im Jahr 1857 mietet der Tuchscherermeister Ferdinand Friedrich! RIEDEL, der im Markt 21 (Amtshaus) eine gut gehende Appretur hat, hier Räume für eine Spinnerei.

Am 29. Juli 1859 brennt die Fabrik nieder. Die betroffenen Nebengebäude werden umgehend wieder aufgebaut und im Mai 1860 ist vom Maurermeister DEUTSCHMANN ein vierstöckiges Hauptgebäude an der Straße errichtet. 1862 folgen ein Torfschuppen, Stall und Remise und 1865 ein neues Waschmaschinenhaus und Färbereigebäude.

1874 stirbt Carl SCHULZE, ein Jahr darauf seine Frau und die Fabrik erwirbt der Tuchfabrikant Emanuel BUCHHOLZ (1827-1893). 1877 lässt er an der Weberei, die in einer großen Shedhalle untergebracht ist, eine Schmiede und eine Schlosserei errichten. 1892 folgt ein weiterer Anbau an der Wollwäsche für Färbereizwecke.

1894 stirbt Emanuel BUCHHOLZ. Seinen Erben gelingt es nicht, die Produktion von weit über 100.000 Stück Tuch zu halten. /1/ S. 101 Im Februar 1900 erfolgt die Konkursmeldung. Der Standort wird von der Dresdner Bank verwaltet.

1905 beschäftigt der Trikotagenbetrieb der Firma SPRICK aus Lübben 26 Arbeiterinnen an 25 Rundwebstühlen sowie 15 weitere in Heimarbeit. 1906 ist im alten Websaal die Samtschneiderei untergebracht. Der Samtschneidemeister ist Erich MÜHE. Die Dresdner Bank lässt vom Maurermeister Carl VOIGTMANN an der Südseite des Hauptgebäudes ein Kontor errichten und in die Gebäudewand der Walke werden zur Malxe hin zahlreiche Fenster eingebaut. Die Samtschneiderei läuft noch bis zum Jahr 1914 weiter.

Am 10.10.1918 stellt die Deutsche TYPHA-Verwertungsgesellschaft Berlin-Charlottenburg den Antrag auf eine Schilfaufschließungsanlage, der aber erst um Juni 1920 als Faserwerk GmbH genehmigt wird. In das unterkellerte Maschinenhaus kommen zwei Kessel der Firma HARTMANN aus Chemnitz. Es werden Rogoschstengel aus den Teichen zu groben Werk verarbeitet.

Danach wird das Gebäude erneuert und eine Velourhutfabrikation begonnen. 1924 wird diese aber schon wieder eingestellt. /20/ S. 87 ff.

Cottbuser Straße, Quelle: diese Webseite

Die Arbeitsdienstpflicht wurde im Deutschen Reich am 26.06.1935 gesetzlich eigeführt aber bereits schon einige Jahre vorher freiwillig geleistet. Ein erster Vertrag des Reichsarbeitsdienstes mit der Stadt Peitz wurde am 23.06.1933 unterzeichnet. Dabei wurde der Bau eines neuen Gebäudes für den Reichsarbeitsdienst abgelehnt. Das Fabrikgebäude in der Cottbuser Straße 2-3 wird umgebaut und ist nun 2-geschossig. Das obere Stockwerk wurde entfernt. Der Reichsarbeitsdienst (RAD) mit der Stammabteilung Gruppe 82, die aus 216 Mann besteht, zieht noch 1933 in das Gebäude ein. Die Arbeiter werden für Meliorationsarbeiten und zur Harzgewinnung eingesetzt. Das Reichsarbeitsdienstlager wird bereits 1936 in die Triftstraße verlagert, denn das Gebäude erhält nun wieder eine industrielle Nutzung.

1936 wird ein Teil des Berliner Chemie- und Vulkanisierbetriebes RASPE nach Peitz in die Cottbuser Straße 2-3 verlegt. Dieser Betrieb kleidete Alu-Kraftstofftanks für Militärflugzeuge im Innern mit einer Schicht aus Textil und Gummie aus. Bei Beschuss dichteten sich die Kraftstofftanks dadurch wieder weitestgehend ab. /2/ S. 304 Das Textilgewebe wurde von der Firma REHN in der Schulstraße gelieferet. Für den Gummie gab es ein eigenes Forschungslabor bei RASPE. Die Firma RASPE hatte bis zu 1000 Mitarbeiter und arbeitete im 3-Schicht-Betrieb. Für die vielen Mitarbeiter wurden große Mehrfamilien-Wohnhäuser in der Dammzollstraße, die sogenannten RASPE-Blöcke errichtet. Weiterhin entstand eine Siedlung am Grünen Weg mit Einfamilienhäusern, die Glashüttensiedlung genannt wurde.

Im Jahr 1945 werden nach dem Potsdamer Abkommen alle Gebäude des Rüstungsbetriebes RASPE abgerissen. Nur das große Fabrikgebäude an der Cottbuser Straße, die ehemalige Tuchfabrik von SCHULZE bleibt stehen. Im Jahr 1946 diente dieses Gebäude als Tabaklager. Hier wurden Tabakblätter sortiert und getrocknet.

Im Jahr 1949 werden hier auch Schilfmatten hergestellt.

Im Jahr 1951 beherbergt das Gebäude eine Nagelfabrik. 1955 wird diese zum volkseigenen Betrieb VEB (K) Metallverarbeitungswerk Peitz und 1956 zum VEB (K) Nagel- und Matratzenwerk Peitz.

Ab 1961 werden Gebäude um- bzw. neu gebaut und für den Möbelhandel genutzt. Der SGB (Sozialistischer Großhandelsbetrieb) Möbel Cottbus unterhält hier seinen größten Betriebsteil. Mit Peitz und drei weiteren Betriebsteilen in Großräschen, Finsterwalde und Herzberg wurde die komplette Möbelversorgung des früheren DDR-Bezirkes Cottbus abgesichert. Am Standort Peitz befanden sich 2 Lagerhallen für Schlaf- und eine Lagerhalle für Wohnraummöbel. Zum Betriebsteil Peitz gehörten ebenfalls ein Küchenmöbellager in Forst und ein Polstermöbel- und Kleinmöbellager in Cottbus.

Cottbuser Straße, Quelle: diese Webseite Cottbuser Straße, Quelle: diese Webseite

1984 gliederte der volkseigene Einzelhandel (HO) den Handel mit Möbeln aus seinem Versorgungsumfang aus. Diese Aufgabe wurde nebst Übernahme von Möbelhandelsverkaufsobjekten den SGB Betrieben übertragen, die infolge der erweiterten Versorgungsaufgaben in SHB (Sozialistischer Handelsbetrieb) umstrukturiert und umbenannt wurden.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die Unternehmensbezeichnung in Merkur Möbel Vertrieb GmbH, Betriebsteil Peitz, geändert. Die 3 Lagerhallen in Peitz werden am 01.04.1991 an die Regent Möbel Grosseinkauf GmbH in Gelsenkirchen verkauft. Diese richtet in der ehemals vorderen Lagerhalle für Schlafraummöbel einen "Quick-Möbelmarkt" (Verkauf preiswerter Mitnahmemöbel) ein und sichert zudem über Peitz die Möbelversorgung von bei Regent Möbel gelisteten Einzelhandelsverkaufsstellen im gesamten ehemaligen DDR-Territorium ab.

Am 30.06.1993 gibt Regent Möbel den Standort Peitz auf. Das Kölner Möbelunternehmen Ullrich übernimmt und betreibt bis Anfang 2018 einen Möbelhandel unter der bisherigen Bezeichnung Merkur-Möbel Peitz.

verschiedene Briefkopfbögen des Möbelhandels, Quelle: diese Webseite

Seit Anfang 2018 standen die Gebäude leer. Sie wurden von 2019-2019 mit Teilen der Fischerfestwiese abgerissen. Nur der Fabrikschornstein blieb stehen. Heute befindet sich auf dem Gelände das Malxe Center mit mehreren Märkten für Lebensmittel, Drogerie, Baumarkt usw.

Malxe Center am 05.07.2024