altes Wappen der Stadt Peitz

Abgaben, Dienste und Steuern im Amt Peitz um 1550

Das Peitzer Amtsbuch von 1554 ermöglicht einen tiefen, recht genauen Einblick in die Geldbeschaffungspolitik des Landesherrn Johann von Küstrin einerseits sowie den daraus resultierenden Belastungen für seine Untertanen andererseits. Infolge der Unterstellung der früheren Herrschaft Peitz als Amt direkt unter den Landesherrn übernahmen vom Markgrafen berufene Amtmänner staatliche, wirtschaftliche und Verwaltungsaufgaben. Zu den wichtigsten staatlichen Aufgaben der Amtmänner gehörte das Eintreiben der (vor allem bäuerlichen) Abgaben und Leistungen. Daneben hielten sie Gericht und ahndeten Vergehen. Um die im Peitzer Amtsbuch festgehaltenen Steuern, Abgaben und Leistungen beurteilen zu können, lohnt sich zunächst ein allgemeiner Blick auf die Besteuerung im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. *1

Zuerst einmal beanspruchte die Kirche den Zehnt, d.h. ein Zehntel des Einkommens der Gläubigen - und das waren damals ja alle Untertanen. Die Abgaben dienten dem Unterhalt des Klerus. Im Amtsbuch ist dazu vermerkt: Alle Einwohner geben den Zehnten, es sei denn sie haben eine schriftliche Ausnahmegenehmigung.

Da ein allgemeines Steuersystem für alle Bewohner eines Gebietes zu dieser Zeit nicht realisierbar war, wurden landesherrliche Einnahmen vor allem durch Verpachtung sogenannter (finanziell nutzbarer) Regalien *2 (z.B. des Mahlrechts), durch das Eintreiben von Zöllen und Mauten und durch sogenannte Akzisen *3 (z.B. die Bier-Akzise) realisiert.

Die Gewinnung finanziell verwertbarer Leistungen von der bäuerlichen Bevölkerung war nur mittels der Aneignung/ Abschöpfung bäuerlicher, über die Sicherung des Existenzminimums hinaus gehende(r) Erträge und Mehrarbeit durch:

möglich. Das betraf in gleicher Weise auch den (Kirchen-) Zehnt. Im frühen Mittelalter erfolgte seine Abgabe in Naturalien als Feld- oder Fruchtzehnt und als Blutzehnt (Fleisch- oder Viehzehnt). Mit der Herausbildung einer Geldwirtschaft konnte er seit dem 13. Jahrhundert auch als Geldabgabe geleistet werden.

Abliefern von Abgaben
Abb. 1: Bauern beim Abliefern ihrer Abgaben. Holzschnitt aus Roderucus Zamorenis "Spiegel des menschlichen Lebens". Augsburg 1468/78. Entnommen aus: Laube, A.; Steinmetz, M.; Vogler, G.: Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution. Dietz Verlag 1974

Über die regelmäßigen Abgaben und Dienste hinaus waren die Untertanen generell zu weiteren vom Landesherrn festgelegten "Onera" (Abgaben und Leistungen) verpflichtet. Diese wurden z.B. beim Bau der Peitzer Festung in erheblichem Maße abgefordert. *4

Zum Verständnis der im Peitzer Amtsbuch von 1554 aufgeführten Leistungsverpflichtungen der bäuerlichen Bevölkerung ist es von Bedeutung darauf hinzuweisen, dass die im Amt fast ausschließlich anzutreffende Lasswirtschaft (als eine speziell das unfreie wendische Bauerntum betreffende Form der Erbuntertänigkeit) zu persönlichen bäuerlichen Diensten auf den (landesherrlichen) Vorwerken des Amtes und in der (landesherrlichen) Teichwirtschaft verpflichtete.

Ohne der Systematik des Amtsbuches direkt zu folgen, soll nachfolgend auf einige zum Verständnis der Texte bedeutsame Sachverhalte aufmerksam gemacht werden.

Zunächst einmal wird unterschieden zwischen:

Desweiteren werden aufgeführt:

Enthalten sind im Amtsbuch auch die Bier- und die Mühlenordnung. Hier wird z.B. genau geregelt, wie die Bier-Ziese (als eine Verbrauchssteuer) erhoben wird. Auch die Erhebung der Mühlen-Akzise ist genau geregelt. *5

Nachfolgend sollen wichtige Dienste und Leistungen, die von den Untertanen zu erbringen waren, kurz dargestellt werden.

Dienste der Peitzer Einwohner

Sie waren laut "Stadtbuch" *6 zu leisten, und zwar als Handarbeiten und Fuhrleistungen, weitere Fuhrdienste laut Erfordernis. Es gehörten zu den Diensten ferner: die Begleitung der Herrschaften auf der Jagd, drei Tage Felddienste für das Pflügen und die Ernte des Hafers in den beiden Teichen vor Maust, Spanndienste (2 Personen bei Erfordernis), Wachdienste (2 Personen) bei Erfordernis. Hier findet auch das Erbregister in Bezug auf weitere Abgaben Erwähnung. Das Erbregister ist von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis des Ausmaßes der Belastungen, die den Untertanen des Amtes auferlegt waren. *7 Das Amtsbuch enthielt sozusagen "nur" den zweiten, aktualisierten Teil der Dienste, Abgaben und Leistungen, die zu erbringen waren, ohne dass die im Erbregister enthaltenen Belastungen damit entfallen waren. Dass dieses Erbregister nicht mehr vorhanden ist, darf kaum verwundern, wird doch schon 1795 vermerkt, dass diesbezügliche Dokumente sowohl bei der Herrschaft als auch in Dörfern oft nicht mehr vorhanden sind. *8

Dienste der Einwohner der Peitzer Vorstädte "… so sie Sachsen sind"

Sie waren zu den Diensten wie die Peitzer Einwohner verpflichtet (maximal 3 Tage die Woche). Außerdem hatten sie Fahrdienste aller Art und nach Anweisung zu leisten. Zudem hatten sie auch Dienste zu Fuß zu erbringen. Auch hatten sie zu pflügen und zu eggen. Bei Nichterbringen bzw. Unpünktlichkeit fielen Strafzinsen laut Erbregister an.

Erbzinsverleihung
Abb.2.: Erbzinsverleihung für neu gewonnenes Ackerland ohne Bodenrecht, aus Eike von Repgow: Heidelberger Sachsenspiegel, Landrecht 3. Buch 79 § 1, Seite 26 vorn, digitale Universitätsbibliothek Heidelberg

Erläuterung zum Bild

Eike von Repgow (1280/1290 bis nach 1233) arbeitete 1220 bis 1230 am Sachsenspiegel. In der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels wird die Verleihung der bäuerlichen Rechte und Pflichten bei der Neugründung von Dörfern im Zuge der Kolonisation eindrucksvoll illustriert. Die Abbildung zeigt die Verleihung des besonderen Dorfrechts durch den Grundherrn. Der Grundherr (links in grüner Herrenkleidung und Schapel) übergibt dem durch den Strohhut gekennzeichneten Bauermeister eine Urkunde mit dreieckigem Siegel. Gleichzeitig gibt er mit dem Zeigefinger der linken Hand (Rede- und Befehlsgestus) dem Bauermeister auf, die in der Urkunde niedergelegten Rechte und Pflichten zu achten. Daneben sieht man zwei mit der Hacke rodende Siedler und einen Siedler, der mittels einer Axt ein Haus errichtet. Diese Ausführungen stammen aus Pötschke, Lingelbach, Feike (Hrsg.): Das Burger Landrecht und sein rechtshistorisches Umfeld. Lukas Verlag. Berlin. 2014. S. 40

Bauerndienste

Darunter fielen Fuhrdienste aller Art, Pflügen und Eggen, Wachdienste. Der morgendliche Beginn der Arbeiten und ihr Ende erfolgten nach Ansage. Unpünktlichkeit wurde mit Strafzinsen laut Register bestraft. Die übrigen Abgaben und Leistungen waren zu leisten "... wie aus den Erbregistern zu ersehen." Welche Dörfer mit wieviel Leuten den einzelnen Vorwerken zugeordnet waren wurde aufgeführt. Welche Arbeiten für die Vorwerke zu erledigen waren, wurde gesondert und im Einzelnen bei den Diensten für die Vorwerke geregelt.

Fronvogt und Bauer
Bild 3: Fronvogt und Bauer. Holzschnitt aus Petrus de Crescentiis "Vom Nutz der Dinge". Peter Drach. Speyer 1483. Entnommen aus: Epperlein, Siegfried: Der Bauer im Bild des Mittelalters. Urania–Verlag. Leipzig, Jena, Berlin. 1975

Dienste für die Vorwerke

Die Dienste für die Vorwerke betrugen maximal 3 Tage in der Woche von früh bis abends. So sollten noch 3 Tage zur Verfügung stehen, damit die Dienstpflichtigen die eigene Wirtschaft betreiben konnten. Das war neu gegenüber der früheren Praxis und wird deshalb im Amtsbuch ausdrücklich erwähnt.

Welche Dörfer wieviel Leute für welches Vorwerk zu stellen hatten und welche Flächen sie zu bearbeiten hatten, wird detailliert aufgeführt.

Für das Pflügen konnte man statt des Dienstes auch 1 Gulden zahlen.

Bauer und Herr
Abb. 4.: Bauer vor dem Herrn. Entnommen aus: Laube, A.; Steinmetz, M.; Vogler, G.: Illustrierte Geschichte der deutschen frühbürgerlichen Revolution. Dietz Verlag 1974

Teichdienste

Diese wurden ausdrücklich den Kossäten (Halbhüfnern) und Büdnern (Gärtnern) der Dörfer Maust, Neuendorf und Bärenbrück zugewiesen. Sie hatten Hilfe beim in Ordnung halten der Gräben und Dämme zu leisten.

Außerdem hatten sie Hilfeleistungen in der Ernte- und Heuzeit ("... wie von alters her ..."), beim Dreschen sowie bei der Fuchs- und Hasenjagd zu erbringen. Bei den Bauerndiensten (siehe oben), die für das Vorwerk Maust zu erbringen waren, werden auch die Mauster Kossäten (Halbhüfner) genannt. Inwieweit davon auch die Bärenbrücker und Neuendorfer Kossäten betroffen sind, lässt sich nicht genau erkennen.

Für Glinzig und Dahlitz (beide Dörfer gehörten damals zum Amt Peitz) wird vermerkt, dass sie ihre Dienste in den dortigen Teichen zu verrichten haben. Darüber hinaus hatten die dortigen Dienstpflichtigen aber auch 3 Tage in der Woche landwirtschaftliche Dienste und Hilfe beim Abfischen sowie Fuhrdienste zu leisten. Zu den Fuhrdiensten gehörte Saathafer in Cottbus zu holen, Fischsamen zu holen und Fische zu fahren.

"Gerechtigkeit der Dörfer ausserhalben des Amtes so der Herrschaft heiden mieten"

Hier ist von besonderem Interesse, dass die Gebühren für die Inanspruchnahme von Flächen des Amtes in zu liefernde Naturalien ausgewiesen wird. Vor allem waren Hafer und Hühner zu liefern. Auch Gänse wurden vereinzelt aufgeführt. *9 Als Ersatz für die Abgabe von Naturalien konnte auch Geld (Taler und Schillinge) gegeben werden. Als Dienste für das Amt wurden Handdienste ausgewiesen.

Höhe und Umfang der im Amtsbuch von 1554 und im (nicht mehr existierenden) Erbregister geforderten Dienste, Abgaben und Leistungen unterlagen über die Jahrhunderte sicher Schwankungen, abhängig vom landesherrlichen Bedarf an Geldmitteln einerseits und andererseits der Einsicht hinsichtlich der Belastbarkeit der Untertanen. Sie blieben aber in ihrem Grundbestand immer existent. Erst mit der Vollendung der "Bauernbefreiung" in Preußen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts kam das feudale System der Dienste, Abgaben und Leistungen zu einem Ende.

Endnoten, Hinweise, Verweise

1
Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich u.a. auf: Hacke, Constanze: Der Zehnte - ein Streifzug durch die Steuergeschichte. Informationen zur politischen Bildung. Nr. 288. 2012
2
Alle nutzbaren Hoheitsrechte (früher des Königs, später auch der Landesherren)
3
"Die Bierziese wurde 1472 in Brandenburg eingeführt und ist ein Vorläufer der heutigen Bier- und Branntweinsteuer." (Hacke, Constanze: Der Zehnte - ein Streifzug durch die Steuergeschichte. Informationen zur politischen Bildung. Nr. 288. 2012)
4
Der Besuch des Markgrafen Johann in Peitz im Dezember 1559 gab den Startschuss für den Beginn des Festungsbaues. Über die Auswirkungen vermerkt Groger in /4/:
Die "… Anfuhr der Baumaterialien wurde den Gespann besitzenden Untertanen aus den Amtsdörfern auferlegt und die übrigen wurden zu Handdiensten herangezogen." (S. 62)
Und wenn auch der Markgraf das gesamte Land für die Materialanlieferungen, die Bereitstellung der notwendigen Arbeitskräfte und die Sicherung der Versorgung der vielen Menschen bei den Bauvorhaben einspannte, so fiel selbstverständlich den Untertanen aus den Ämtern Cottbus und Peitz die Hauptarbeit zu "… denn der Amtshauptmann Berthold von Mandelsloh, der … die Polizeigewalt über die vielen Menschen ausübte, die am Bau beschäftigt waren, galt als strenger Herr." (S. 64)
5
Wie kontrollierte man früher die Menge des Mahlgutes und die Einhaltung des Mühlenzwanges? Die Mühlenordnung des Amtes Peitz von 1554 sah für die Kontrolle einen Turnus von längstens 3 Monaten vor. Kontrolliert wurde durch den Hauptmann und den Amtschreiber. Für die Kontrolle der Mahlziese wurden Zettel benutzt, die vom Amtschreiber ausgestellt wurden. Am Stadttor gab es eine Büchse, in die der ausgestellte Zettel zu werfen war. „… darauf soll ihm Ambtschreiber einen unterschiedlichen Zettell mittheilen darin soll die Ziese gemeldet sein, mit anzeig der Pershonen, des Tages und wens er gegeben, welchen Zettel der Brawer im Thor, in einer sondern darzu verordneten Buchsen, so verschlossen, danoch der Haubtman den schlüßell haben soll, im hinnausfahren von sich geben, und darin soll werffen laßen … " Die Peitzer Mühlenordnung benennt auch die Verfahrensweise mit den Kerbhölzern. Es gab also 2 Kontrollsysteme, ein Zettelsystem für die Mahlziese (Steuer) und ein Kerbholzsystem für die Metze (Mühlenzwang). Auch die Strafen sind in der Peitzer Mühlenordnung geregelt. Nahm ein Müller z.B. nicht gemeldetes Mahlgut an, so betrug die Strafe dafür einen Gulden.
Auszug aus: Die Geschichte des Dorfes Maust/ Hus. Teichland. 2012. S. 241
6
Ob dieses "Stadtbuch" identisch ist mit der "Stadtordnung" von 1600, die sich bei Groger auszugsweise findet, ist fraglich, zumal keine Gebühren und Abgaben dargestellt sind. Siehe dazu in /4/, Seiten 393 - 394)
7
"Erb-Register sind Bücher, welche die Adel- und Amt-Leute halten, in welchen die Frohndienste, Zinsen, Lehn-Schuldigkeiten und andere Beschwerungen derer Unterthanen eingetragen, so wider selbige nicht probiren, wenn sie nicht durch andere Adminicula unterstützt werden …".
Aus Zedler, J. H.: Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. 1731-1754. Band 8. S 781. Digitale Internetfassung.
8
"Die Dienste, welche Unterthanen den Herrschaften zu leisten haben, sind auf die Erbregister und besondere Verträge gegründet, wovon aber die meisten wenn sie auch ehemals in den Händen der Unterthanen gewesen sind, um ihre Schuldigkeit zu wissen, nach und nach verloren gegangen sind … Es wird gewiß ein seltener Fall seyn, daß ein Dorf das Erbregister, wonach es seinen Dienst verrichten soll, nur in Abschrift hätte … ".
Aus Krünitz, Johann Georg: Oeconomische Encyklopädie oder allgemeines System des Staates … Sechzigster Theil. Brünn. 1795. S. 520. Digitale Internetfassung.
9
Aus späteren Dokumenten ist ersichtlich, dass die im Erbregister des Amtes (ggf. auch den Erbregistern der Dörfer - das ist heute nicht mehr genau feststellbar) zu leistenden Abgaben in ähnlicher Weise mit Naturalien und / oder Geld zu leisten waren. Siehe dazu auch: Groger, Franz: Urkundliche Geschichte der Stadt und ehemaligen Festung Peitz. 2. Teil. Stadt Peitz. April 1999. Seite 564. Dort wird für das Amtsdorf Schmogrow für das Jahr 1653 detailliert ausgewiesen, welche Abgaben die Untertanen des Dorfes in einem Jahr an das Amt geleistet hatten. Und für das Dorf Maust liegt eine detaillierte Übersicht vor, welche Vielfalt von Abgaben und Leistungen mit dem Rezess über die Ablösung der Dienste und Abgaben im Jahre 1837 entfielen, also fast dreihundert Jahre nach Erstellung des Amtsbuches.
Siehe dazu: Die Geschichte des Dorfes Maust/ Hus. Teichland. 2012. S. 72 ff.